Schreibwettbewerb: Vom Hund zum Freund


Ich kann nicht mehr! Ich kann mir dieses Geschrei nicht mehr anhören!! Ich muss weg! Aber wohin ? Zu meinen Nachbarn? Da ist nach zwei Tagen die Polizei vor der Tür. Zu meinem Onkel? Er ist der erste der mich wieder nachhause schickt! Hmm.... Dann bleibt mir keine andere Lösung ... Ich fliehe in den Wald.
Ich packte meine Sachen zusammen und schleppte ein Zelt und ein Schlafsack mit. Doch als ich draußen an der Haustür vor unserem Garten stand, schoss mir ein Gedanke durch den Kopf. Ich hatte den Hund (Max) vergessen. Sowie ich den Garten betrete, wird er auf mich und meine Sachen springen und durch den Lärm die Nachbarn aufmerksam machen. Wie sehr ich diesen blöden Hund hasse. Ich ging zurück in die Küche und holte mir vom Kühlschrank ein Stück Fleisch. Ich ging zurück in den Garten und als ich Max sah, warf ich das Fleisch so weit wie möglich von mir weg. Ich raste zum Gartentor und schloss es schnell hinter mir zu. Er guckte mich mit seinem unschuldigen Hundeblick an, doch ich konnte ihn immer nicht leiden. Ich versuchte so weit wie nur möglich vom Haus weg zu kommen. Soweit wie möglich von diesen beiden rücksichtslosen Schreimaschinen! In solch einer Situation sollte kein Zwölfjähriger jemals sein.
Ihre Stimmen verfolgten mich und deshalb musste ich mich noch weiter entfernen. Ich ging zwar weiter aber ich hörte ihre Stimmen immer noch in meinem Kopf, bis ich an einem Ort direkt am Fluss ankam. An dieser Stelle schlug ich mein Zelt auf und dachte mir:„Vom Fluss kann ich trinken und essen müsste ja nicht schwer zu finden sein!” Doch da hatte ich mich geirrt! Alles was ich gefunden habe, waren nur ein paar Beeren. Ich wusste sie zu unterscheiden, da mein Vater schon bevor er und meine Mutter sich zu streiten begannen, mit mir öfters Zelten gegangen ist.
Es wurde dunkel und ich hatte Angst, aber diese Angst war leichter auszuhalten als die, die ich die ganze Zeit Zuhause spürte. Ich befestigte Fackeln rund um mein Zelt in dem Boden. Das Geräusch der wilden Tiere war laut, dennoch schaffte ich es einzuschlafen, da ich an ein ähnliches Geräusch gewöhnt war.
Es ist schon Morgen und ich habe bislang niemand meinen Namen rufen hören. Sie haben nicht mal festgestellt, dass ich weggelaufen bin. Wieso regt mich dass auf? Was anderes wäre ja nicht zu erwarten. Bestimmt hat meine Mutter die ganze Nacht in der Badewanne geheult und mein Vater, wie üblich, gesoffen. Ich machte mich auf die Suche nach richtigem Essen, doch was sollte ich hier Essbares außer Beeren finden. Ziellos wanderte ich durch den Wald, mit der Hoffnung, dass ich auf eine Ressource stoße, die mich ein paar weitere Tage am Leben hält. Doch nichts ist zu finden und dass Gras ist ebenfalls ungenießbar, wie alles andere was ich gekostet habe.
Die Dämmerung hatet bereits angefangen und ich konnte den Weg zu meinem Zelt nicht mehr finden. Meine Tränen fingen an zu fließen, doch ich tat mein Bestes um stark zu bleiben. Nach vier Stunden suchen im Dunkeln habe ich endlich dank den Fackeln, die ich vergessen hatte zu löschen, mein Zelt gefunden. Ich ging in mein Zelt, war hundemüde und es dauerte nicht lange bis ich tief und fest eingeschlafen war.
Am nächsten Tag wachte ich recht spät auf. Die Sonnenuhr, die ich aus einem Ast gebaut hatte, hatte kein Schatten und das bedeutet es ist genau zwölf Uhr. Das war eigentlich sehr merkwürdig, da ich von Natur aus ein Frühaufsteher bin. Doch das war nicht die einzige Überraschung an diesem Tag. Ich fand ein Meter von meinem Fackelkreis entfernt eine Tüte mit Brot und eine Bierflasche, die mit einem Korken verschlossen war. Ohne viel nachzudenken, wer mir das wohl hier hingestellt haben könnte, fing ich sofort an das Brot zu essen und in weniger als 10 Minuten hatte ich schon die ganze Tüte verputzt. Hunger hat ich zwar nicht mehr, aber Durst schon. Mir blieben nicht viele Möglichkeiten. Die eine war vom Fluss zu trinken und die andere war die Bierflasche. Da ich den Geschmack von Bier nicht ausstehen kann, habe ich mich für den Fluss entschieden. Doch als ich dem Fluss näher kam war das Wasser Grün und es schwammen viele Kaulquappen drin. Diesen Anblick konnte ich nicht beim trinken ignorieren und ging zurück zur Bierflasche. Ich öffnete die Bierflasche hielt mir mit einer Hand die Nase zu und fing an zu trinken. Ich stellte überraschend fest, dass es gar kein Bier war! Es schmeckte wie Apfelsaft mit Brotkrümel. Ich konnte es erst nicht glauben, aber es gab die Möglichkeit, dass Mama mir das Essen und das Getränk hingestellt hatte, denn niemand anders außer ihr vertauscht Bier mit Apfelsaft. Sie macht dass schon seit einigen Jahren um Papa daran zu hindern noch mehr Alkohol in sich reinzustecken. Wenn er betrunken ist merkt er es gar nicht mehr, ob das Bier ist oder nicht. Der eigentliche Dumme bin ich! Ich hätte vom Anfang an ahnen sollen, dass das kein Bier ist, statt erst vom verdreckten Flusswasser zu kosten. Ich meine: „Seit wann werden Bierflaschen mit Korken verschlossen?!”
Als es abends wurde, entschied ich mich für ein mir unbekannten Grund, draußen unter dem Sternenzelt zu schlafen. Ich schaffte es nicht wirklich einzuschlafen. Ich konnte mich nicht an den Gedanken gewöhnen, dass ich endlich eine Familie habe, die sich um mich kümmert und sorgt. Doch letztendlich schaffte ich es irgendwie einzuschlafen. So wie die Sonne aufging war schon wieder ein Essenspacket da. So ging es für vier Tage weiter und ich schaffte es nicht die Person, die dafür zuständig ist, zu erwischen bis eines sehr frühen morgens....
Da weckte mich ein seltsamer kratzender Laut, als würde die Natur ihren ersten Weltkrieg erklären. Irgendetwas versuchte mein Zelt zu durchdringen! Ich konnte nicht feststellen, was es war, doch ich erkannte einen großen Schatten. Ich traute mich nicht aus dem Zelt und blieb wie gefroren stehen. Ich hörte ein Hunde weinen und es wurde für einen Moment ganz still. Eine Kralle durchdrang das Zelt und zerriss es über meinem Kopf in der Luft. Ein halb ausgewachsener Bär stand vor mir und hinter ihm ein großer Hund, der aber flach auf dem Boden lag. Der Bär kam langsam, brummend näher. An diesem Zeitpunkt hörte mein Kopf auf zu denken, meine Beine bewegten sich nicht mehr vom Fleck und meine Knie stießen unaufhörsam aneinander. Ich hatte mir meinen Tod eigentlich ganz anders vorgestellt. Ich konnte nicht ahnen, dass es so ein Ende mit mir nimmt.
Ich konnte seine riesigen Zähne sehen und sein Atem pustete mir wie Dampf ins Gesicht, als aus dem nichts her ihn etwas von der Seite in den Nacken biss und nicht losließ. Kaum zu glauben, es war Max!
Der Bär rumpelte herum und versuchte Max abzuschütteln doch er schaffte es nicht. Max klammerte sein Mund an dem Nacken des Bären, bis der Bär zum letzten mal brüllte und tot zu Boden viel.
Max rannte auf mich zu und leckte mir das Gesicht ab. Zum ersten Mal war ich nicht sauer darauf. Zum ersten Mal fühlte ich, ich hätte einen Freund, einen Bruder. Jemand, der auf mich aufpasst und liebt ohne irgendetwas von mir zu wollen. Ich war glücklich! Und dass dieser Jemand ein Hund ist, machte mir nicht viel aus.
Ich nahm meine Sachen und ging etwas weiter weg von dieser Leiche. Später gingen ich und Max spazieren. Zum ersten Mal spielte ich mit ihm Stöckchenwerfen . Es machte mir und auch ihm richtig viel Spaß und als es dunkel wurde, schlief ich tief und fest auf seinen Bauch ein.
In der Früh stand ich auf und fand Max mit einem Früchtekorb im Mund. UNFASSBAR. Ich bin schon seit ungefähr einer Woche von Zuhause weg und der einzige, der sich an mich erinnert hat, war der Hund. Frustriert saß ich da und aß, doch sobald ich fertig war, fing Max an, an meinem Hemd zu ziehen, als würde er mir etwas zeigen. Ich folgte ihm ....
Er blieb plötzlich stehen und ich guckte nach vorn. Ich sah unser Haus. Ich wollte gleich zurück zu mein Zelt, doch Max hinderte mich daran, er zog mich bis ins? Haus rein, wo meine Eltern sich immer noch anbrüllten. Sie hielten für einen Moment auf sich zu streiten (was komisch war) und glotzten mich an. Meine Mutter schrie:,,Hab ich dir nicht tausend mal gesagt, du sollst das Haus ohne uns nicht verlassen? Was wenn dir etwas geschehen wäre und wir würden es nicht merken? Was für Eltern wären wir denn dann?”
Bei „Was wenn dir etwas geschehen wäre und wir würden es nicht merken?” blieb ich wie blöd da stehen und plötzlich, ohne Vorwarnung flippte ich aus:„Ich hab das Haus schon seit einer Woche verlassen und ihr habt es wegen eurer Streitereien nicht mal gemerkt!!”
Meine Mutter konnte ihren Ohren nicht trauen. Ich brüllte weiter: „Ihr interessiert euch nur für euch selbst und lasst mich die ganze Zeit allein! Ihr streitet euch ohne Pause und um die sinnlosten Dinge. Seit mal ehrlich. Ihr liebt euch gegenseitig und keiner von euch würde es je auch nur einen Tag ohne den anderen aushalten können!"
Wir hatten nie so mit einander geredet und es war nicht zu fassen, dass meine Eltern sich wirklich gegenseitig entschuldigt haben und mich auch noch umarmt haben. Jetzt fühle ich mich wirklich in einer Familie und ich hab es einem besonderem jemand zu verdanken.
Zum ersten Mal rannte ich auf Max zu und sagte ihm ins Ohr: „Du bist mein bester Freund!”
Farid El-Raheb, Klasse 10

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